Aus für Dorfladen in Freienseen (Bericht Giessener Anzeiger)
(Pressebericht Giessener Anzeiger 29.11.23, von: Burkhard Bräuning)
Viele Menschen im Laubacher Stadtteil sind traurig: Geschäft und Café schließen zum 31. Dezember. Sieben Jahre gab es den Freienseener Dorfladen als Teil der Dorfschmiede.
Laubach (bb). »Alles ist wie es ist« - das steht über einem Text, der dieser Tage in Laubach-Freienseen verteilt wurde. Absender ist das Team der Geschäftsführung der »Dorfschmiede«. Was auf dem Blatt steht, ist bitter für viele Freienseener und auch für Menschen von außerhalb, die sich für das Projekt Dorfladen engagiert hatten und auch dort einkauften. Das Geschäft wird zum 31. Dezember geschlossen. Der Ausverkauf wird bald beginnen. Darüber wird das Team des Dorfladens rechtzeitig informieren.
Seit sieben Jahren gibt es den Freienseenen Dorfladen. Er ist Teil der »Dorfschmiede«. Ulf Häbel, die treibende Kraft des Projektes, sagte gegenüber dem Gießener Anzeiger: »Wir wollten allen Bürgern die Möglichkeit geben, im Ort einzukaufen und einen Treffpunkt für alle im Dorf zu schaffen. Das war tatsächlich auch der Wunsch vieler Menschen in Freienseen - und doch entwickelte sich der Laden nicht so, wie erhofft.« Schon Corona hatte Spuren hinterlassen - und in der Folge reichten Umsatz und Reinerlös nicht mehr aus, um die laufenden Kosten zu decken. Der gestiegene Mindestlohn und die explodierenden Energiekosten konnten nicht mehr ausgeglichen werden. Häbel weiter: »Kurz gesagt: im Laden wird zu wenig verkauft.«
Mit diesem Problem kämpfen viele der kleinen Dorfläden. Auch im benachbarten Ort Gonterskirchen musste man jüngst den Dorfladen schließen. »Viele Menschen, die Auto fahren, kaufen unterwegs in den Supermärkten ein. Als Kunden bleiben dann die Kinder oder Menschen ohne Auto zurück. Als kaufkräftige Kundschaft ist das zu wenig«, sagt Häbel.
Im Dorf wurde die Nachricht sehr unterschiedlich aufgenommen. Manche Bewohner blieben ziemlich emotionslos, weil sie so gut wie nie dort eingekauft hatten. Andere waren »richtig traurig«, wie eine Betroffene sagte, die sehr häufig im Laden eingekauft hat. Auch einige Kinder der Evangelischen Grundschule, die sich im Laden oft ihr Frühstück gekauft hatten, zeigten sich enttäuscht.
Was viele Menschen laut Häbel vermissen werden, ist das Begegnungscafé, das Teil des Dorfladens ist und auch gut angenommen wurde. Gleichwohl kam nur ein eher kleiner Teil der Einnahmen aus diesem Geschäftsbereich des Ladens. Ulf Häbel und das Team denken nun darüber nach, wie man diesen Treffpunkt in anderer Form erhalten kann. Auch hofft Häbel darauf, dass man in einem kleinen Bereich des Ladens Backwaren verkaufen kann. An Bäckereien fehlte es über Jahrzehnte hinweg nicht. Nun hat man, zumindest für eine Übergangszeit, keine Möglichkeit mehr, Brot, Brötchen und Gebäck im Dorf zu kaufen. Das soll sich aber nach den Vorstellungen des Leitungsteams wieder ändern. Im Text, der schon vergangene Woche im Dorf verteilt wurde, steht: »Es tut uns sehr leid, dass wir diese Entscheidung treffen mussten, aber uns beibt keine andere Wahl. Viele Ehrenamtliche haben in den sieben Jahren geholfen und uns beim Dorfladen unterstützt. Die angestellten Mitarbeitenden haben sich ebenso leidenschaftlich für den Laden eingesetzt und viele Stunden der Freizeit für den Dorfladen geopfert. Ihnen allen sagen wir: Danke für alles!«
In allen anderen Bereichen laufen die Geschäfte der Dorfschmiede laut Häbel gut. »Es ist weiter ein prima Ort für Menschen,« Die Plätze in der Tagespflege seien ausgebucht. Der ehemalige Pfarrer des Dorfes verweist darauf, dass am kommenden Freitag beim Wintermarkt ein neues Projekt vorgestellt und eröffnet wird. Es gehört auch zur Dorfschmiede, installiert wird es allerdings direkt gegenüber der Dorfschule, denn die soll davon profitieren: Das neue Modul heißt Dorfwerkstatt. Mehr dazu morgen im Rahmen unserer Serie »Leben auf dem Land«.